Gewinnen ist nicht immer Glückssache

Piagnolia von Matthias von Arnim
Flexibler Einband, 288 Seiten
Erstausgabe 24.02.2014
Verlag Die Werkstatt
ISBN: 9783730700969

Zwei Vorteile hat die Monatsauktion schon einmal. Es wird überdeutlich bewußt, wieviele Gegenstände sich ansammeln (dazu noch später mehr) und mir fällt auf, dass die ein oder andere Rezension fehlt. So z.B. diese hier über die Weltmeisterschaft:

Italien, 1934.
Die Fußballweltmeisterschaft steht an und Mussolini hat es sich in den Kopf gesetzt, dass sein Land den Titel holen wird. Koste es, was es wolle. Und damit bezieht sich der Duce nicht nur auf Geld.

Es fließen Bestechungsgelder in alle Herren Länder und auch landesintern in alle Richtungen. Funktionäre, Schiedsrichter, Fußballer – alles, was empfänglich ist wird bestochen. Und wer nicht mitspielen will, wird anderweitig ‚auf Kurs gebracht‘ oder als letzte Instanz eben aus dem Weg geräumt.

Den Gegenpol dazu bildet das kleine Dorf Piagnola mit seinen durchaus liebenswerten und teilweisen etwas verschrobenen Einwohnern. Nicht von ungefähr fühlt man sich mehr als einmal an die s/w-Variante von Don Camillo erinnert. „Gewinnen ist nicht immer Glückssache“ weiterlesen

Wurfschatten

WurfschattenWurfschatten von Simone Lappert
Fester Einband, 207 Seiten
Erstausgabe : 17.07.2014
Metrolit Verlag GmbH
ISBN: 9783849300951

Ada ist 25, Schauspielerin mit einem kleinen Engagement bei einem kleinen Kriminaltheater mit Zuschauerbeteiligung.
Und sie hat Angst. Vor Krebs, vor Naturkatastrophen, vor Unfällen, vor dem Sterben in jeder Form. Diese Angst beherrscht sie so sehr, dass sie sogar ein Stethoskop besitzen muss um sich davon überzeugen zu können, dass ihr Herz schlägt – ruhig und regelmäßig.

Diese Ängste sind so stark, dass sie in vielen Nächten nicht schlafen kann. Das Alleinsein ist kaum zu ertragen. Tagsüber helfen die Freunde und Nachbarn, die Ängste in Schach zu halten. Aber nachts – wenn die Stadt friedlich schlafen kann – muss sich Ada anders helfen. Sie ruft ein Taxi und lässt sich bis zum Morgengrauen durch die schlafende Stadt fahren. Hinter den Fenstern schlafen die Menschen und haben keinen Anteil an ihren Ängsten. So seltsam es klingen mag, die Fahrten durch die Stadt helfen – die Vorstellung der ruhenden Menschen. Sie hat keinen Anteil daran und doch ist sie – irgendwie – ein Teil der schlafenden Stadt. Sie lässt sich durch die Straßen fahren – Nacht für Nacht und entflieht auf diese Weise ihren Ängsten, mit denen sie über keinen Menschen reden kann. Weder mit ihren Freuden noch mit Nachbarn. Wer schließlich sollte auch verstehen, dass die lebenslustige begabte Ada ein verschlossenes Zimmer hat, in dem sie ihre Ängste an die Wand gepinnt hat.
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Das Haus der Gerstenbergs

Mir ist es bei diesem Buch ganz genauso gegangen wie Bri. Gelesen wurde das Gerstenberg-Haus im Lauf des letzten Jahres. Und als dann endlich die Zeit und Muse da war, die Rezension zu ‚Papier‘ zu bringen, lagen die Parallelen zu den aktuellen Ereignissen offen auf der Hand. Zumindest in meinen Augen. Es wäre interessant zu sehen, wer noch alles Bücher mit dem gleichen Aha-Effekt gelesen hat.

WurfschattenDas Gerstenberg-Haus von Charlotte Schroeter
Flexibler Einband, 240 Seiten
Erstausgabe : 14.04.2014
Eire Verlag
ISBN: 9783943380262

Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.
Was du tust, tue klug und bedenke das Ende.

Johann Gerstenberg lebt in dem sicheren Glauben, diesem Spruch getreu alles bedacht zu haben, als er ein staatliches Fachwerkhaus in der kleinen Stadt Geseke als Heim für seine Familie und Mittelpunkt seines Getreidehandels bauen lässt. Hier soll sich ein Platz für seine Familie für viele Jahre – vielleicht sogar für Jahrhunderte – mit Sicherheit und Gemeinsamkeit finden.

Nach außen hin ist es eine wohlgeachtete Familie, die ein sicheres Auskommen durch den Getreidehandel des Hausvaters hat. Eine sittsame Ehefrau, zwei wohlgeratene Söhne und zwei Töchter – so zeigt sich das Bild der Familie zur Zeit des 30er-jährigen Krieges.

Eines kann man gleich sagen: Emotionen jeglicher (romantischer) Art bleiben außen vor. So total und endgültig, dass es beim Lesen lange Zeit irritiert und der Zugang zum Geschehen um die Familie Gerstenberg vergeblich gesucht wird. Auch von einer Liebesgeschichte im üblichen Sinne ist keine Spur zu finden. Obwohl Bettlin Gerstenberg für den jüdischen Geliebten alles stehen lässt und ihm bei Nacht und Nebel in die Stadt Fulda folgt.
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Mord und das Unheil daraus

Der Kaufmann von Lippstadt von Rita Maria Fust
Flexibler Einband, 339 Seiten
Erstausgabe : 05.03.2014
Gmeiner Verlag
ISBN: 9783839214930

Ferdinand Overkamp ist ein angesehener Kaufmann und Ratsherr in Lippstadt kurz nach Ende des siebenjährigen Krieges (1756–1763). Nachdem der Krieg nun beendet wurde, die Überreste wie Pulvermagazine und Festungen nach und nach aus dem Stadtbild verschwinden sollen, hat er auch allen Grund sich ein geruhsames sowie erfolgreiches Leben zu erhoffen. Vielleicht gelingt es ihm sogar, in absehbarer Zeit den teuren Bau eines Steinhauses in Angriff zu nehmen.

Kurz gesagt – das Leben der Familie Overkamp scheint in Ordnung. Zumindest solange, bis ihm seine Gemahlin gesteht, dass die älteste Tochter guter Hoffnung (schwanger) ist, sich aber weigert, den Kindsvater zu nennen.

Die Gedanken des Hausherren fangen an, sich mühlenartig im Kreis zu drehen. WER ist der Vater und warum um alles in der Welt hat sich gerade SEINE wohlerzogene Tochter so vom rechten Weg abführen lassen? Und vor allem anderen – WARUM weigert sich Elisabeth. den Vater zu nennen. Es bräuchte doch nur eine kurzfristige Hochzeit und alles wäre in bester Ordnung. Vorausgesetzt natürlich, es würde sich um einen standesgemäßen jungen Mann handeln. Und danach sieht es ja nicht aus – sonst könnte das junge Mädchen ja den Namen verraten.
Und müste nicht nach Lübeck zur Tante geschickt werden um Schande für die ehrsame Familie zu vermeiden.

Soweit die Gegebenheiten im historischen Lippstadt.

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Den Rollstuhl kann man völlig vergessen

Dachdecker wollt ich eh nicht werden von Raul Krauthausen
Flexibler Einband, 256 Seiten
Erstausgabe : 02.01.2014
Rowohlt Taschenbuch Verlag
ISBN: 9783499622816

„Einfache Ideen können eine ganz große Wirkung haben.“
(Raul Krauthausen)

Das Buch bildet den Einstieg in eine komplett andere Welt.
Nach dem Klappentext soll es über den Autor – Raúl Aguayo-Krauthausen – und sein Leben mit der Glasknochenkrankheit berichten. Aber dieser Erwartung wird es in keinster Weise gerecht. Vielmehr bietet das Buch einen komplett anderen Blickwinkel auf das Leben in Deutschland und als Mensch im Rollstuhl. Und selbst das ist nur der Einstieg.

Je weiter ich mich mit dem Menschen hinter dem Buch beschäftige, desto mehr stoße ich auf einen faszinierend wachen Geist, der sich nicht mit den Gegebenheiten um sich herum einfach zufrieden gibt sondern überlegt, wo etwas verbessert werden kann. Und zum Nachdenken anregt. Nicht nur im Zusammenhang mit dem Thema ‚Behinderung‘. Auch ganz allgemein.

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Wie könnte es gewesen sein…

Kann man zuviel lesen? Eigentlich nicht. Und trotzdem denke ich manchmal, ich habe einfach schon ‚zu viele‘ Bücher ähnlicher Art gelesen. Anders kann ich manchmal die große Diskrepanz nicht erklären, die sich bei Buchmeinungen so ergeben.

Die Geschichte ist gut recherchiert, liebevoll geschrieben, ohne sachliche Fehler, die Sprache entspricht in allen Einzelheiten der damaligen Zeit mit den ganzen feinen Unterscheidungen zwischen Dienerschaft, Herrschaft und Gleichgestellten.

Die Menschen sind ausführlich mit Licht- und Schattenseiten gezeichnet.
Selbst bei Ludwig – dem Gegenspieler in der Geschichte – flackert für kurze Momente der Gedanke auf, dass da noch mehr sein könnte, als in den Worten zu sehen ist. Möglicherweise gibt es noch andere Gründe für sein absolut boshaftes Verhalten. Aber eben nur vielleicht. Und selbst wenn – seine Taten sprechen klar gegen ihn und lassen jeden Leser sofort eine klare Stellung gegen ihn beziehen.

Bruderliebe erzählt die Geschichte der Baroness Theresia von Rotenburg, ihrer Stiefmutter und ihrem heimlichen ‚Prinzen‚, dem Bürgerlichen Sebastian Langenthal.
Theresisa – gerade eben mal 18 Jahre geworden – hat ihr ganzes bisheriges Leben nach dem Tod der eigenen Mutter im Heim ihres Vaters und unter der strengen Aufsicht ihre Stiefmutter geführt und von dem wirklichen Leben vor den Mauern der Burg keinerlei Ahnung.

Bruderliebe

Im Laufe der Handlung wählt sich die wohlbehütete Tochter dann auch eine Wohnstatt in einem Turm, der in das schützende Mauerwerk der väterlichen Burg integriert ist. „Wie könnte es gewesen sein…“ weiterlesen